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Soziale Tagesfragen / von Wilhelm Oechelhaeuser
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nügender Löhne.") Andererseits aber begegnen wir so häufig demschönsten Einvernehmen, obgleich der Arbeitgeber finanziell nicht inder Lage ist, irgend bedeutende materielle Opfer für WohlfahrtS-einrichtungeu zu bringen, oder sehr reichliche Löhne zu zahlen. DieseBeobachtung kann man überall machen, wenn auch selbstverständlichdie Ursachen des guten oder schlechten Einvernehmens anch noch aufanderen Gebieteu liegen, z. B. politischeu oder konfessionellen Beeiu-flussnngen, lokalen Strömungen, verschiedener Bildungsgrad, ver-schiedene BeschäftignngSweise der Arbeiter u. s. w. Auf dem Landeist durchschnittlich das Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern,bloß weil sie sich menschlich näher stehen, ein besseres als in denmeisten Fabriken, obgleich in letzteren im Allgemeinen die Löhnehöher und die WohlfahrtSeinrichtungen viel weiter ausgebildet undweiter verbreitet sind, als auf dem Lande. Ja, in den bestgelohn-testen und mit den vorzüglichsten Einrichtungen freigebig ausge-statteten Werken zählt die Sozialdemokratie häufig ihre entschiedenstenAnhänger, gerade als ob die Arbeiter hierdurch erst recht darauf hin-geführt würden, daß die oktroyirte Wohlthätigkeit allein die sozialeFrage nicht lösen könne.

Diesen Erfahrungen gegenüber, die sich dem unbefangenenBeobachter aufdrängen müssen, bieten diejenigen Unternehmungen eindurchweg erfreuliches Bild, wo bisher ArbeiterauSschüsse gebildetworden sind, oder wo denn auf die Form kommt es nichtan in dem gleichen Geist gehandelt wurde. Bis vor Kurzemkonnte man noch die Pioniere auf diesem Gebiet einzeln aufzählen Schlittgen, Brandts, PeterS, Rößler, Starke, Busch u. s. w.;in letzter Zeit dagegen hat bereits eine große Zahl von Arbeitgeber-vereinen und einzelnen Arbeitgebern (wir nennen den Anhaltischenund Mitweidaer Arbeitgebervereiu und namentlich auch die großen

^) v,-. Jul. Post erzählt in der Einleitung zu seinem vortrefflichenWerkMusterstätten persönlicher Fürsorge", daß in einer unserer größtenund berühmtesten gewerblichen Anlagen,deren WohlfahrtSeinrichtungenschlicht zu beschreiben ein zehn Bogen starkes Buch gedruckt werden müßte"ein jährlicher Wechsel von V,» der Belegschaft stattfinden solle, und überdem Bette jedes Arbeiters, den er besuchte, oder am Ehrenplatz an derStubenwand, habe er nicht das Bild des Fabrikherrn, sondern Lassalle'sBild oder Büste angetroffen.