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Alles was wir über diesen speziellen Fall sowohl, als über diesoziale Reform überhaupt zu sagen und zu rathen habeu, entsprichtdiesen, vom höchsten Thron des Erdenreichs verkündeten Ansichten,die auch die Ausgangs- und Zielpunkte der nachstehenden Betrachtungbilden sollen.
Wir wollen nnS dabei nicht iu Beschuldigungen, nicht in Auf-zählung von Begehungs- und Unterlassungssünden der Arbeiter,Arbeitgeber oder Gesehgeber weiter als nothwendig verlieren, sondernnur zu erörtern versuchen, wie solche Ereignisse kommen konnten, wieihrer Wiederkehr thunlichst vorzubeugen ist und wem diese Aufgabenzufallen.
Wenden wir uns zuerst zu den Arbeitern, so stoßen wir aufzwei betrübende Erscheinungen, uud zwar zunächst auf den Mangelan gesetzlichem Sinn, den Mißbrauch der Koalitionsfreiheit, welchendie allgemeine Arbeitseinstellung ohne vorherige Kündigung bezeugtuud wofür weder in einer Nothlage — denn die Löhne waren durch-aus nicht schlecht und zudem im Steigen begriffen — noch in sonstigenäußeren, oder den Arbeitgebern speziell zur Last falleuden Verhältnissenein Anhalt oder eine Entschuldigung vorlag. Es darf dabei aller-dings zur Ehre der älteren, besonnenen Arbeiter gesagt werden, daßsie diesen Weg nicht freiwillig beschritten haben, fondern von derStrömuug der Massen, insbesondere der unreifen Jugend, mit fort-gerissen worden sind. Die zweite womöglich noch betrübendere Er-scheinung ist die egoistische Gleichgültigkeit, welche die streikendenArbeiter sür die Lebensinteressen, ja die Existenz der Unternehmungeniu deneu sie beschäftigt siud uud für die Folgeu ihrer unbesonnenenSchritte sür Arbeitgeber und Arbeiter der auf Kohlenbezug ange-wiesenen Industrien dargethan haben. Ja bei den roheren Elementenin der Arbeiterschaft herrschte statt Gleichgültigkeit sogar Feindseligkeitgegen alles, was Arbeitgeber heißt.
Wenn die Arbeiter sich mit der steigenden Bildung und derErweiterung ihres geistigen Horizonts bewußt werden, welcher Hebelfür Besserung ihrer Lage in der Koalition gelegen ist, so erscheintes ganz natürlich, daß sie diesem Drang praktische Folge geben.Aber ungerechtfertigt uicht bloß, souderu thöricht sogar ist es, diesenWeg, statt in der Verständigung mit dem Arbeitgeber, in dem Kampf