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Soziale Tagesfragen / von Wilhelm Oechelhaeuser
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Hauserwerb theilt der Arbeiter mehr oder weniger mit allen anderenStänden; sie steigt sogar mit den höheren Lebens- und Bildungs-stufen. Damit ist aber uoch uicht entschieden, ob eine kühle wirth-schastliche Berechnung des Nutzens mit jeuer Neigung übereinkommt.Diese Frage kaun für keiueu Stand allgemein beantwortet werden,am wenigsten für den Arbeiter. Das Gefühl der Befriedigung ansich, der Einfluß aus Moral und Sparsamkeit, die nützlichen oderdoch angenehmen Nebenbeschäftigungen in Haus oder Garten, allesdies fällt überall zu Gunsten eigener Wohnungeniudie Waagschale.Allein ans der anderen Seite drohen zwei Nachtheile. Einmal, daßder Arbeiter sich dadurch an die Scholle fesselt, sich also der Gelegen-heit beranbt, seine Kräfte, wenn sich Gelegenheit dazu bietet, überdie nächste Umgebung hinaus besser uud höher zu verwerthen, daß ersich also vou örtlichen Konjunkturen, oft sogar von der Persönlichkeiteines einzelnen Arbeitgebers, oder dem Schicifal einer einzelnen Unter-nehmung in der Regel für LebeuSzeit abhängig macht. Zum andernhat aber auch die Anlegung aller Ersparnisse des Arbeiters in im-mobilen Wertheu an sich manche Bedenken; denn die Fälle, daß einArbeiter, außer dem Erwerb eines Hanfes, auch noch Einlagen indie Sparkasse ?c. machen könne, dürfen wohl, als seltenste Ausnahmen,außer Betracht bleiben. Der Arbeiter-Hausbesitzer kaun in Fällender Arbeitslosigkeit, Krankheit oder sonstiger Ereignisse kein Gelddisponibel machen, sondern verfällt in Schulden, die umso bedenklichersind, als auf das erworbene Jmmobiliarbesitzthum in der Regel nurkleine Auzahluugeu geleistet wurden, die Hanptbetrüge aber hypo-thekarisch daranf lasten blieben. Treten solche Verlegenheiten viel-leicht bei Lebzeiten des Arbeiters seltener hervor, oder sind sie von ihmselbst leichter zn überwinden, so gestaltet sich bei seinem Tode dieLage der Hinterbliebenen in der Regel umso kritischer. Das HauSkann nicht unter mehrere Erben getheilt werden; die Wittwe oderEins von mehreren Kindern kann es meist nicht übernehmen, dieKinder sind häufig anderwärts versorgt, kurz, in den meistenFällen bleibt daS Besitzthnm nicht in der Familie, fondern geht inandere Hände über, wo dann ein ZwangSverkauf, nach Abzug derHypotheken uud Schulden, den Rest der Hinterlassenschaft häufigvollstäudig verschlingt, die Nachgelassenen also ganz leer ausgehen